Lienhard Breitschwert
In der Zwickmühle!
Lienhard Breitschwert hatte während des Aufstandes das vermutlich undankbarste Vogtamt im gesamten Herzogtum inne. Am Ort der Entscheidungsschlacht wurde er in der Bewertung seines Handelns von den Böblingern nicht nur an den Konsequenzen für die Stadt, sondern auch am Ausgang des gesamten Aufstandes gemessen. Dass eine solche Beurteilung für den Böblinger Vogt wenig glücklich ausfiel, beschreibt er in einem Brief an die Regierung, in dem er aufgrund von Anfeindungen um eine Beurlaubung von seinem Amt bittet. Er solle nicht nur allein am Unglück der Bauern Schuld sein, sondern habe auch die Stadt an den Truchsess verraten. Dieser konnte durch die Öffnung der Tore tatsächlich einen strategischen Vorteil in der Schlacht erlangen. Von der erhöhten Position der Stadt aus konnten die Geschütze des Bundes in Stellung gebracht werden, während die bündische Reiterei zuvor im sumpfigen Gelände kaum eingesetzt werden konnte.
Als Zünglein an der Waage wurde die Entscheidung, für die man den Vogt verantwortlich machte, als Grund für die Niederlage der Aufständischen gesehen. Es folgten für Breitschwert nach eigener Aussage Drohungen, an seiner Familie Vergeltung zu üben. Dass der Vogt allerdings zunächst ebenfalls die Weigerung der Stadt, die Tore zu öffnen, maßgeblich mittrug, ist anzunehmen. Stadt und Bürger sollten offenbar vor Schaden durch Kampfhandlungen geschützt werden. Während der Feldschreiber des Truchsesses die Weigerung der Stadt notiert, verschweigt Breitschwert selbst diese in seiner Stellungnahme gegenüber der Regierung. Er befürchtete offenbar negative Konsequenzen. Das Beispiel des Böblinger Vogtes zeigt deutlich die schwierige Situation der Amtsträger im Bauernkrieg. Als Vermittler zwischen Herrschaft und Untertanen gerieten sie insbesondere in Krisensituationen zwischen die Fronten und wurden von beiden Seiten mit Vorwürfen konfrontiert: der Missachtung der Treuepflicht gegenüber der Herrschaft auf der einen oder aber der Schutzfunktion gegenüber den Untertanen auf der anderen Seite. Breitschwert selbst sah sich infolge der Anfeindungen offenbar nicht mehr imstande, sein Amt weiter auszuüben.
Ob ich in Böblingen eine Zukunft haben werde?
Es brauchte seine Zeit. Aber ich konnte in meine alte Amtsstadt zurückkehren. Ich war schließlich ein Bürger der Stadt. Die Lage beruhigte sich. Die Niederlage des Aufstandes vor den Toren der Stadt war tief in das Gedächtnis der Böblinger eingegraben, aber ihr Ärger gegen mich ließ nach. Meine Nachfolge übernahm Hans Keller. Erst zehn Jahre nach dem Aufstand wurde ich wieder Vogt und übernahm zudem die Verwaltung über den geistlichen Besitz im Amt. Nun, 25 Jahre nach dem Aufstand, bin ich alt und krank. Mein Sohn Veit vertritt mich, er wird mir nachfolgen…
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